Iron Sky: Ein grosser Schritt für das Vaterland

Merzmensch war im Auftrag des Portals Digitale Leinwand unterwegs - und berichtet über die Nazis, UFOs und Film-Revolutionen.



"Ein kleiner Schritt für die Menschen, aber ein grosser Schritt für das Vaterland" - und ein Hakenkreuz über der Mondlanschaft. Die finnisch-deutsch-australische Ko-Produktion "Iron Sky" entwift eine unverschämt freche alternative Realität: die Nazis haben im Jahre 1945 die Erde in Richtung Mond verlassen. Dort verbrachten sie Jahrzehnte lang ohne Kontakt mit der Heimat. Nun - im Jahre 2018 - kehren sie in ihren Swastika-UFOs zur Erde zurück.

Source: ironsky.net

Konzept: Diesel-Punk.

Diese tiefgründige schwarze Komödie hat gleichzeitig auch eine der einzigartigsten Entstehungsgeschichten in der Kinowelt. Über sie konnte ich dank einem Auftrag von DigitaleLeinwand.de gestern auf der Presskonferenz zum Film erfahren.

Tero Kaukomaa (Produzent), Timo Vuorensola (Regie)
Photo: Merzmensch

Die Idee, sagt Timo Vuorensola (Regie), kam, wie es die besten Ideen tun - in der Sauna (in Finnland, versteht sich). Nazis auf dem Mond - das Thema vieler Verschwörungstheorien und Mythen - war so naheliegend, doch einen Film darüber hat es bisher nicht gegeben. So haben die Autoren die Geschichte gesponnen und entwickelt - seit mehr als 5 Jahren. Es entstand eine konservierte Welt - denn die Nazis hatten nach ihrer Mond-Ankunft keinen Kontakt mehr mit der Aussenwelt. Und auch wenn die technische Entwicklung der braunen Mondbewohner voranschritt, blieben diese kleine Welt atmosphärisch sehr "Diesel-Punk".
"Steampunk is 30ies, Dieselpunk is 40ies",
Timo Vuorensola
Source: ironsky.net

Und so kommen die Mondnazis auf die Erde, nach New York (gefilmt in Frankfurt am Main).

Produktion: Der Zuschauer macht mit.

Der Sujet ist originell.  
Die Genese des Films ist revolutionär.
Denn die Filmemacher wandten sich direkt an die Zuschauer. Auf diese Strategie griff Timo Vuorensola bereits bei seinen früheren Filmen (wie die Parody auf eine weltbekannte Weltraumodyssee, "Star Wreck").

Dabei setzt er auf eine möglichst weitreiche Transparenz bei der Filmherstellung (ein Gegenmodell zu konspirativen JJ Abrams): die Spoiler werden zwar vermieden, aber die Finanzierung des Films, sein Design und sogar einige Inhalte stehen jedem zur Verfügung. Der Zuschauer soll nicht nur verfügen, er wird aufgerufen, mitzumachen.

Photo: degravedi (Unfiction)
Es gab einige virale Kampagen um diesen Film. Man verteilte beispielweise während Berlinale im Jahre 2009 die fiktive Zeitung "Truth Today" aus dem Iron Sky Universum verteilte. (S. Berichte auf Patmo und Unfiction). Es gibt sogar die Webseite dieser Zeitung: http://www.thetruthonline.info/

Doch auf meine Frage, ob für diesen Film eine grossangelegte virale Kampagne geplant sei, wie ein Alternate Reality Game, antwortete Timo Vuorensola kategorisch:
Die eine Sache ist es, innerhalb einer kleinen Gruppe nach Hinweisen im Internet zu suchen, oder irgendwelche Buttons zu klicken. Eine andere Sache ist es, wenn man die Zuschauer in den Herstellungsprozess involviert. Das ist die mächstigste Strategie, den Zuschauer in das Boot zu bringen, noch bevor er den Film gesehen hat.
(frei übersetzt - M.)

Und tatsächlich: der Film entsteht zusammen mit Hunderttausenden Mitglieder der Film-Community. Bei YouTube, Facebook, MySpace, Twitter, Flickr, auf der offiziellen Webseite selbst und im Forum tauschen die Autoren mit den Filmfans ihre Erfahrungen aus. Es wird nach einem Ufo-Design gefragt - die künftigen Zuschauer helfen dabei. Es wird nach Extras gefragt - die künftigen Zuschauer kommen in Mengen, wie es bei den Aufnahmen in Frankfurt der Fall war:
Nach einem kurzen Aufruf im Internet, erschienen mehr als hundert Leute zum Filmset.



Wreckamovie: Creative Social-(net)-Work.

Auf der Webseite http://www.wreckamovie.com/ironsky werden verschiedene Aufgaben gegeben - und in der Community gelöst. Und langsam entstehen auf der Webseite dutzende anderer Filme im Prozess der kollektiven Inspiration. Das ist die Macht des Internets - denn jeder kann etwas beitragen. Und das ist die Zukunft des Filmemachens. Denn Crowdsourcing hat nur Vorteile: es bringt die Autoren mit dem Publikum zusammen, es schafft Sympathien und Ideen, es ist aber auch kostengünstig (denn leider besonders bei Indie-Produktionen spielt der finanzielle Aspekt eine grosse Rolle). Denn die Community finanziert das Projekt mit (mit bisher ca. 1 Million Euro). Dazu fliesst das Geld auch von den Institutionen wie Finnische Filmförderung FFF, Bank Nordea, HessenFilmInvest, Deutscher Filmförderfond und weiteren Quellen.

Hier wird die Genese des Films mit seiner Vermarktung verschmolzen - zugunsten der Genese, im Namen des Projekts.
Man braucht für den Film nicht mehr zu werben - Leute können kaum warten, den eigenen Beitrag darin zu erkennen.

Schauspieler: weltbekannte Bösewichte.

Doch nicht nur die Produktion und der Plot überzeugen. Und der Film lebt nicht nur von wunderschönen Special Effects und der schrägen Story. Die Schauspieler sind auch auserlesen.

Denn vor der Kamera steht die bezaubernde Julia Dietze (1 1/2 Ritter), der enigmatische Udo Kier (Dancer in the Dark), der bösewichtige Götz Otto (James Bond: Tomorrow never dies), der charismatische Christopher Kirby (Matrix Reloaded und Matrix Revolutions), kurz eine bunte internationale Mischung mit beachtlichen Filmerfahrungen. Und mit Tatendrang.

Julia Dietze und Götz Otto
Photo: Merzmensch

Oliver Damian (producer), Christopher Kirby (Schauspieler)
Photo: Merzmensch
Dreh: Mainhatten.

Gedreht wird vorwiegend in zwei Ortschaften. In Frankfurt am Main wurden New York Szenen gedreht. Dazu hat man sogar alle verfügbaren Yellow Cabs aus Deutschland (genauer gesagt: 3 Stück) hierher gebracht.

Und heute habe ich das da gesehen:

Photo: Merzmensch

Das war der vorletzte Tag der Dreharbeiten in Deutschland. Bald geht es nach Australien - wo in Studios Mondlandschaft nachgebaut wird. Apropos, Mondlandschaft: wie Janos Honkonen ("press führer" der Filmproduktion) erzählte, haben die Filmemacher auf einigen verschwörungstheoretischen Webseiten über Nazis auf dem Mond unter "Beweismaterial" bereits Bilder aus dem eigenen Film wiedererkannt.

Der Film wird im nächsten Jahr größtenteils CGI-technisch gedreht, und im Jahre 2012 werden wir endlich erfahren, was mit dem Inhaber dieses Mantels passierte.

Photo: Merzmensch


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Comments

Prinz Rupi said…
Tolles Experiment! Und Merzmensch spielt den "Führääärrrr"?
Der Merzmensch said…
Oh, das wär' doch was. Vielleicht das nächste mal :-)
Kann kaum warten azf den Film.